Ein kleiner Auszug aus der Geschichte des Hutes

Die Verwendung des Haarfilzes geschorener Biberfelle für Kopfbedeckungen in Europa reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Verstärkt wurde diese Mode im 17. Jahrhundert durch den Import der Felle durch holländische Siedler aus Nordamerika. Das Wollhaar wurde verfilzt und zu so genannten „Kastorhüten“ (auch Castorhut, vom lateinischen castor „Biber“) verarbeitet, die im 18. und 19. Jahrhundert besonders beliebt waren.

Um 1780 trugen erstmals englische Edelsmänner den aus dem weichen Unterhaar des Biberfells gefertigten schwarzen Filzhut mit hohem, zylindrischem Kopf. Lange galten Kastorhüte als eine der schönsten und besten Waren in England, Frankreich und Deutschland und wurden in halbe und ganze Castor aufgeteilt. Bei einem  halben Kastorhut bestand nur die Hälfte des Filzes aus Biberhaaren, entsprechend gab es auch noch Viertelkastorhüte.


Auch in den Kleiderordnungen des 17. Jahrhunderts ist von Kastorhüten die Rede. Kastorhüte galten als so kostbar, dass man ganze Castorhüte, also solche, die nur aus Biberhaarfilz bestanden, sogar dem ersten Stand zu tragen verbot. Die Kastorhüte sollen so dauerhaft gewesen sein, daß man, wenn sie abgetragen waren, nach La Rochelle, damals einen der grössten Häfen an der Atlantikküste, zurückschickte, wo sie für den Verkauf nach Spanien aufbereitet wurden. Aber auch von dort kehrten sie nach La Rochelle zurück, um dieses Mal für Brasilien zurechtgemacht zu werden. Schließlich sollen die gleichen Filzhüte als Tauschware der Portugiesen an der afrikanischen Küste gelandet sein.

Bei der Herstellung der Castorhüte wurde früher noch das giftige Quecksilber verwendet. Der englische Ausdruck „mad as a hatter“ - „verrückt wie ein Hutmacher“ (auch Hutmachersyndrom) geht auf diese Anwendung zurück. Der „verrückte Hutmacher“ wurde auch im deutschen Sprachbereich durch die Figur in Lewis Carrolls Alice in Wunderland populär. Ab 1830 verdrängten Seidenhüte den Kastorhut und es entstand dann der wesentlich niedrigere Zylinder.


Wer Fotos von Straßenszenen aus den 1920er- und 30er-Jahren betrachtet, stellt fest, dass fast jeder Mann einen Hut trug. Der Hut war als Kleidungsstück auch Ausdruck der sozialen Stellung seines Trägers. Bei den Hafenarbeitern waren es schlichte Filzhüte oder Schirmmützen, Honoratioren trugen Zylinder oder Melonen. 


Wer mehr Wert auf Eleganz legte, entschied sich für einen Homburg oder Fedora. Humphrey Bogart zum Beispiel trug einen klassischen Fedora mit nach unten gebogener Krempe und einer Delle im Kopfteil. Das war so stilbildend, dass man schon bald vom Bogart-Hut sprach. Aber wie immer der Hut auch aussah, kein Mann hätte auf ihn verzichtet. In jeder Garderobe gab es eine Hutablage, denn in geschlossenen Räumen hatten sich Männer, im Gegensatz zu Frauen, stets ohne Hut zu bewegen.


Hüte hat man zu jeder Jahreszeit getragen. Der 15. Mai war damals der Beginn der Strohhut-Saison und der 15. September der Beginn der Filz-Hüte-Jahreszeit. Es war ein ungeschriebenes Gesetz in New York, dass nach dem 15. September keine Strohhüte mehr getragen werden durften. Danach machte man sich über den Strohhutträger lustig und die Jugendlichen versuchten den sommerlichen Hut vom Kopf seines Trägers zu reissen und ihn zu verstampfen. Die Aktion war für die Beteiligten nicht immer ganz ungefährlich.

1922 gab es sogar einen Strohhut-Aufstand in New York. Es begann in der Mulberry Street, einer berüchtigten Meile in Manhattan – dort, wo heute Chinatown steht. Einige junge, gelangweilte «Rowdys» hatten beschlossen, den Strohhut-Tag auf den 13. September vorzuverlegen. Sie zogen durchs Quartier und schlugen Männern aus dem Viertel den Hut vom Kopf, bevor sie auf einige Hafenarbeiter stiessen. Die liessen sich das natürlich nicht gefallen, schlugen zurück und bald war eine wilde Schlägerei im Gange. Die herbeigerufene Polizei verhaftete sieben Personen, denen eine Strafe von fünf Dollar (heute umgerechnet knapp 75 Franken) aufgebrummt wurde.

Nur einen Tag später zog ein marodierender, rund 1000 Mann starker Mob vom Armenviertel Hell's Kitchen aus durch die Strassen der East Side in Manhattan. Die Jugendlichen waren mitunter mit Latten bewaffnet, einige davon mit einem Nagel versehen, um Opfern den Sommerhut herunterzuhauen. «Gangs junger Strolche terrorisieren ganze Blocks», schreibt die New York Times später. Natürlich gab es aber auch Profiteure. Hut-Geschäfte, die Abends offen blieben, waren gefüllt mit Käufern von Filz-Hüten.  Der dümmliche Brauch wiederholte sich in den Folgejahren – und kostete 1924 sogar einem Mann das Leben.

US-Präsident Calvin Coolidge setzte deshalb 1925 ein Zeichen und liess sich demonstrativ am 18. September mit Strohhut fotografieren – ein Skandal, der es auf das Titelbild der «New York Times» schaffte. Es dauerte noch Jahre, bis die Tradition, von Stroh- auf Filzhut zu wechseln, ausstarb – und somit auch der Vorwand für Gelangweilte, tüchtig über die Stränge zu schlagen.


Bis in die 1960er-Jahre hinein war die Kopfbedeckung vor allem für Männer unverzichtbar und diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs ging man nie ohne Hut aus dem Haus. Konrad Adenauer, Charles de Gaulle und Sergei Chruschtschow – sie alle waren überzeugte Hutträger. Selbst der junge Willy Brandt setzte sich als Berliner Bürgermeister noch einen Homburg aufs Haupt.

 

Als John F. Kennedy im Januar 1961 als erster Präsident in der amerikanischen Geschichte ohne Hut den Amtseid ablegte, waren die Konservativen sprachlos, die Jungen aber begeistert. Die amerikanische Hut-Industrie, die ohnehin mit rückläufigen Absatzzahlen zu kämpfen hatte, versuchte verzweifelt, Kennedy zum Huttragen zu bewegen. Regelmäßig belieferte man das Weiße Haus mit den neuesten Kreationen, Lobbyisten versuchten den Präsidenten zum Hut zu überreden, doch der trat strahlend und mit wehendem Haar an die Öffentlichkeit – und sorgte dafür, dass der Herrenhut immer mehr ins Abseits geriet.


Auch in Deutschland wurden Hüte in den 1960er-Jahren immer mehr als alt und gestrig, als unmodern, wenn nicht gar als reaktionär empfunden. Die Professoren trugen Hüte, die demonstrierenden Studenten nicht. Die deutsche Hut-Industrie versuchte mit aufwendigen Werbekampagnen gegenzusteuern, stand aber auf verlorenem Posten. Die Umsätze brachen in den 1970er-Jahren dramatisch ein, da halfen auch Werbeslogans wie "Mann trägt wieder Hut" oder "Ein Mann mit Hut gewinnt" nichts.

Kommunisten wie Breschnew, Honecker und Ceausescu hielten an der männlichen Kopfbedeckung in Treue fest, deren Image sich damit weiter verschlechterte. Der alte Hut hatte langsam ausgedient und seit den 1980er-Jahren hat dann die amerikanische Baseballcap einen weltweiten Siegeszug angetreten und wird bis heute von Frauen und Männern getragen.


Verschwunden ist der Herrenhut trotzdem nicht, nur hat sich seine Funktion verändert. Auch Damen tragen heute vermehrt Herrenhüte. Vom selbstverständlichen verwandelte er sich in ein exklusives Kleidungsstück, das seinem Träger heute eine früher nie gekannte Aufmerksamkeit sichert.

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